„Die Verschmelzung der Verbände Acher-Renchtal mit Offenburg-Kehl war eine logische Konsequenz, um Synergieeffekte nutzen zu können“, so Robert Sauer, der gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Kai Möschle den neuen Caritasverband Vordere Ortenau führt.
Dieser Caritasverband hat jetzt rund 350 hauptamtliche Mitarbeiter und damit war auch deutlich, dass eine ehrenamtliche Geschäftsführung nicht möglich war. „Durch die Verschmelzung hat sich die Wahrnehmung deutlich verbessert“ so Robert Sauer.Tätigkeitsfelder der Caritas sind unter anderem die Schuldnerberatung, Schwangerschaftsberatung, Schulkindbetreuung, Altenhilfe und soziale Dienste.
Ein nennenswerter Teil der Finanzierung erfolgt über die Kirchensteuer, einen weiteren Beitrag leisten die Kommunen, der Landkreis, das Land Baden-Württemberg und der Bund. Ergänzt wird dies um Spenden und Eigenbeiträge. „Die verstärkten Kirchenaustritte führen dazu, dass das Kirchensteueraufkommen geringer wird“, so Kai Möschle.
Auch Willi Stächele stellt fest: „Leider führen Kirchenaustritte auch dazu, dass soziale Leistungen nur noch finanziert werden können, wenn andere Geldgeber in die Finanzierung einsteigen“.
Eine große Herausforderung kommt auf die Kommunen zu, wenn ab 2026 der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen in Kraft tritt. Dort wie in allen anderen Arbeitsfeldern muss auch der Anvertrautenschutz berücksichtigt werden, nach dem alle Personen, die zum Handeln beauftragt wurden, geschult oder unterwiesen werden, dass sie sich zum Wohl der anvertrauten Personen verhalten wollen. Die Erklärung zum grenzachtenden Umgang beinhaltet auch den Verhaltenskodex. Dieser dient der Orientierung aller Beteiligten. Damit wird die Anbahnung von Übergriffen erschwert und Personen werden ermutigt, übergriffige Handlungen zu stoppen und ggf. zu melden, sollte dies einmal der Fall sein.
Obwohl die Zahl der Bedürftigen steigt und öffentliche Haushalte und Kirchensteuereinnahmen enger werden, sehen die beiden Vorstände die Notwendigkeit, dass der Caritas- Sozialdienst erhalten bleiben muss, da die Caritas für bestimmte Probleme teilweise noch als einziger Ansprechpartner vor Ort ist.
Die Angebote der Erziehungsberatung in Offenburg und Oberkirch können von den Klienten auf freiwilliger Basis in Anspruch genommen werden. Manche Menschen kommen von sich aus auf die Caritas zu, anderen wird von Kooperationspartnern die Kontaktaufnahme empfohlen.
Zu den sozialen Diensten des Caritasverbandes Vordere Ortenau zählt auch der Tafelladen in Achern, in dem eine hauptamtliche Kraft und 70 Ehrenamtler derzeit rund 880 Kunden versorgen und damit an der Maximalzahl angelangt sind. „Derzeit suchen wir händeringend Fahrer, welche die Waren in den Geschäften abholen“, so Kai Möschle.
Sehr wichtig sei auch die Schuldnerberatung, die durch den Landkreis und aus dem Kirchensteueraufkommen finanziert wird. Auf Nachfrage von Willi Stächele erläutert Robert Sauer, dass es unterschiedliche Gründe für eine Verschuldung gibt. „Teilweise entstehen die Schulden durch Schicksalsschläge. Wenn jemand größere Anschaffungen über Kredite finanziert hat und eine Krankheit oder der Verlust des Arbeitsplatzes dazu kommt, kann es schnell zu einer Überschuldung kommen. Aber manchmal ist auch eine Verschuldung durch zu viele Kreditverträge festzustellen“, so Robert Sauer.
Weitere Tätigkeitsfelder sind die betriebliche Sozialarbeit und die Schuldenprävention in Schulen.
„Es ist leider festzustellen, dass die psychischen Erkrankungen deutlich zunehmen. Zum Glück sind für diesen Bereich der Beratung derzeit ausreichend Sozialarbeiter verfügbar, wenngleich wir im Januar wieder eine Stelle ausschreiben werden“, so Robert Sauer.
Ursachen für diese Zunahme sehen die beiden Vorstände darin, dass sich Deutschland schon seit vier Jahren in der Krise befindet. Zuerst war es die Corona-Pandemie und danach kam der Krieg in der Ukraine. Dies wiederum führt in einer Spirale zu Existenzängsten und damit zu starker psychischer Belastung bei vielen Menschen. Dazu kommt, dass es immer weniger verlässliche Strukturen in den Familien gibt.
Angesprochen von Willi Stächele auf Wünsche an die Politik äußerten die beiden Vorstände übereinstimmend die zunehmende Bürokratie und wünschten sich einen deutlichen Bürokratieabbau. Den Rückbau des Sozialstaates gelte es zu verhindern, um in der Krise verlässlich zu bleiben, so dass der Wunsch ist, dass es keine Kürzungen im Sozialbereich gibt. „Nachvollziehbarkeit und Verlässlichkeit in der Politik sorgt für Planungssicherheit“, so Vorstand Robert Sauer zum Abschluss dieser äußerst interessanten Gesprächsrunde.