Daniela Ludwig: „Kein Interesse, den zwei Volksdrogen eine dritte hinzuzufügen“

Drogenbeauftragte der Bundesregierung im Gespräch mit Willi Stächele

24.02.2021, 10:18 Uhr
Daniela Ludwig, Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung.
Daniela Ludwig, Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung.

In der Online-Diskussionsrunde mit dem Kehler Landtagsabgeordneten Willi Stächele (CDU) am Montagabend wandte sich die Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, klar gegen eine Legalisierung von Cannabis.

Eingeladen zu der Veranstaltung hatte der CDU-Stadtverband Kehl. Ludwig koordiniert seit September 2019 die Drogenpolitik der Bundesregierung, nimmt Empfehlungen der Fachwelt auf vertritt die Regierung gegenüber Politik, Presse und Öffentlichkeit.
 
Die Diskussion um die Freigabe von Cannabis sei sehr streitbefangen, sagte sie in dem Online-Gespräch mit Willi Stächele. Nachdem sie sich zu Beginn ihres Amtes dieser Debatte „sehr offen“ genähert habe, sei sie mittlerweile umgeschwenkt. „Wir haben kein Interesse, den zwei Volksdrogen Alkohol und Tabak noch eine dritte hinzufügen“, sagte sie. Das Cannabis von heute sei nicht mehr das gleiche, was man beispielsweise ihr selbst in jungen Jahren in der Diskothek angeboten habe, so die 45-Jährige. „Das heutige Cannabis hat einen achtmal so hohen Reinheitsgehalt.“ Dadurch wirke es schon in geringen Mengen sehr intensiv und sei es viel gefährlicher als das „Gras“ von früher. „Cannabis ist zudem umso gefährlicher, je jünger man ist beim Konsum“, fügte sie hinzu.
 
„Cannabis wirkt unmittelbar aufs Gehirn“, erklärte sie. „Und solange sich das Gehirn noch entwickelt, also bis etwa ins 23. Lebensjahr, solange kann sich Cannabis sehr negativ auf die Gehirnentwicklung auswirken.“ Wer in jungen Jahren in einen regelmäßigen Konsum hineinrutsche, riskiere einen deutlichen Rückfall in der Leistungsfähigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und psychische Erkrankungen, die nicht reversibel seien. „Und hier ist ein bissel der Unterschied zu Tabak und Alkohol, denn bei diesen Drogen können Sie manche gesundheitlichen Folgen wieder gutmachen, wenn Sie aufhören“, sagte sie.
 
Allerdings wolle sie die Folgen von Tabak- und Alkoholkonsum keinesfalls kleinreden, so Ludwig: „Wir haben in den letzten Jahren eine Zunahme der Tabaktoten.“ Aktuell seien es 127 000 pro Jahr. „Das ist viel zu viel“, sagte sie, „zumal die meisten wirklich ganz elendig sterben.“ Zudem sei auch der volkswirtschaftliche Schaden in Höhe von 97 Milliarden Euro pro Jahr durch das Rauchen nicht zu vernachlässigen. „Die Krankenkassen sollten Maßnahmen zur Tabakentwöhnung übernehmen“, forderte sie.
 
Auf Willi Stächeles Frage, wie sich der Lockdown auf die Suchtproblematik ausgewirkt habe, hatte Ludwig keine klare Antwort. „Wir haben Studien gestartet und ich gehe davon aus, dass wir in etwa zwei Monaten valide Zahlen liefern können“, sagte sie. Gerade die Medienabhängigkeit sei aber schon vor dem Lockdown die größte ihrer Baustellen gewesen. Corona werde die Situation mit Sicherheit nicht verbessert haben. „Es ist schließlich kein Geheimnis, dass man einen Lockdown nicht durchsteht ohne digitale Medien“, so Ludwig. Sie habe bereits eine Kampagne gegen Mediensucht gestartet, bei der sie auch sehr erfolgreich mit Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann zusammenarbeite, sagte sie.